RAID 2014

... und wir waren dabei!

Nervenkitzel pur!

Mit einem Rallye-Oldtimer bei der Himalaya Rallye

Kaum ein anderer Teil der Erde hat so eine Anziehungskraft wie das Himalaya-Gebiet und zieht Aussteiger, Bergsteiger, Trekking-Touristen, Abenteurer, Meditations- und  Sinn-Suchende alle gleichermaßen in seinen Bann. Doch immer im Oktober, kurz vor der der fast 6-Monatigen Winterzeit, wird die „himmlische Ruhe“  von brachialem Motorenlärm jäh gestört … wenn alljährlich im nordindischen Shimla die Rallye „Raid de Himalaya“  gestartet wird um auf den gefährlichsten Routen der Welt 6 Tage lang das Dach der Welt zu erstürmen. Keine andere Rallye gilt als so unberechenbar und zählt daher als eines der "wirklichen" Abenteuer unter Motorsport-Enthusiasten,  denn nur etwa ein Viertel der ca. 170 Teams kommen am Ende an.

Leider wurde das Rallye Spektakels dieses Jahr  bereits im Vorfeld von schlechten Nachrichten überschattet, denn die zwischen Indien und Pakistan geteilte Himalaya-Region Kaschmir erlebte seit Anfang September die schlimmste Flutkatastrophe seit über einem Jahrhundert. Hunderte von Dörfern sind in den Fluten versunken und alle Rettungs- und Hilf-Aktionen hatten natürlich oberste Priorität. Die Rallye-Veranstalter reagierten entsprechend  und kürzten die Gesamtstrecke wurde von ca. 2.500km  auf 1.400 km und die gesamte Veranstaltung wurde nur im Bundesstaat Himachal Pradesh  und meistens auf öffentlichen Routen ausgetragen. Dies war aber zum Teil ein fast unmögliches Unterfangen, denn die Einheimischen fuhren mörderischer als die Rallye-Piloten selbst, offenbar ungeachtet jeglicher Sicherheitsregeln oder Verkehrsvorschriften auf den sowieso riskantesten Gebirgspässe des Himalayas. Auf den alten Fernhandelsstraßen kommt es im Schnitt alle vier Minuten zu einem Unfall. Oft sind die Straßen so schmal, dass keine zwei Autos nebeneinander passen - wovon sich die indischen Fahrer allerdings nicht beeindrucken lassen … es wird keine riskante Möglichkeit ausgelassen „dauerhupend“ gewissenlos zu überholen.

So krachte es bereits am ersten Rallye-Tag als die Esslinger einen entgegenkommenden Kleinwagen aufs Korn nahmen und übel zurichteten, während der 35 Jahre alte Mercedes außer den Verlust seiner Zierleisten fast keine Schrammen hatte. Verkehrspolizei ist natürlich Fehlanzeige … die Schadenregulierung erfolgte Cash aus der Benzin-Kasse  (200,-€ … in Deutschland hätte man den Schaden auf wenigsten 4.000,-€ geschätzt ). Auch in den folgenden Tagen kam es zwar immer wieder zu kleineren „Feindberührungen“ … doch die Fahrerei fing an richtig Spaß zu machen. Das große Handikap war allerdings die Bodenfreiheit. Das Auto wurde nach dem Reglement für die gemäßigten “Adventure –Klasse“  vorbereitet, doch durch die vollständige Routenverlegung mussten auch normalen Rallyewagen ohne 4x4Antrieb nun ebenfalls ausschließlich auf den brutalen X-trem Pisten fahren. So musste auch der Rallye _Mercedes über 10cm höher gelegt werden.  Ohne professionelles Werkzeug eigentlich unmöglich … doch so schlimm die Jungs hier oben fahren, so genial sind ihre mechanischen Fähigkeiten. Die gemeinsame Spezialkonstruktion brach zwar am 3. Tag zusammen, aber in Anbetracht der Brutalität der Pisten war das immer noch außerordentlich.

Speziell am zweiten Tage gab es einen Stecken-abschnitt für den man für ca. 100km fast 10Stunden brauchte. Es war zum Teil wie 50km Treppen rauf und runter zufahren, dies waren keine Pisten mehr, sondern abenteuerlichste Geröllhalden! Erstaunlicherweise schlugen sich Eitdorf und Könnecke verdammt gut ... besonders bei Wasser-Durchfahrten sind sie auch ohne Allrad mit ihrem knackigen Sperrdifferenzial mit 60% igen Sperrwert, dem drehmomentstaken V8-Motor  und der sehr gelungenen Reifenwahl etlichen anderen Teams voraus. Nichtsdestotrotz war es für alle verdammt anstrengend und besonders die Motorradfahrer waren echt geschlaucht ... am Ende des zweiten Tages fehlen fast schon 50%.  In diesem Gebiet fand auch einst der Indisch-Chinesische Grenzkrieg von 1962 statt.

Am dritten Tag kommt dann, was sich bereits am zweiten akustisch vom Bereich der Hinterachse andeutete. Die materialmordenden Pisten zwischen Rothang, Kibber  und Kunzum Pass (4,590), fordern ihren Tribut. Wenige Kilometer vor dem Einstieg in den berühmten Kibber Pass zerbröselt es das Gewindefahrwerk. Selbst die auf  20mm verstärkten Kolbenstangen der Zwei-Rohr-Wettbewerbs-Stoßdämpfer der Hinterachse hat es regelrecht zerrissen  und an eine Reparatur vor Ort ist nicht zu Denken. Das ständige Nachstellen zu Gunsten von mehr Bodenfreiheit war allerdings die einzigste Möglichkeit um überhaupt so weit zu kommen ... doch der Preis war nun doch sehr hoch. Einziger schwacher Trost ist, dass hier weitere 40 Autos und Motorräder liegen geblieben sind. Ein drohender Schneesturm zwingt das Team  sowieso das Auto zurückzulassen und alle müssen schnellstmöglich von dem fast 4.600m hohen Pass runter nach Kaza auf ca.3.600 Höhe.

Nachts in Kaza war  noch die Hölle los … überall wird geschraubt und repariert – doch viele Teams haben bereits aufgegeben oder bereiten die Bergung Ihrer Fahrzeuge vor, doch noch vor dem Morgengrauen kommt heftiger Schnee  aus Nepal… innerhalb weniger Stunden  werden sämtliche Pässe  unpassierbar … die Rallye stockt. Eitdorf  wird es allmählich Angst und Bange, sein Rennwagen kann nicht abgeschleppt  werden, er braucht für seinen Mercedes einen Lkw mit abgesenkter Plattform und Seilwinde … doch welches Abschleppunternehmen traut sich über solche vereisten Pisten … die meisten haben nicht mal Winterreifen? Die einzige Möglichkeit mit der Außenwelt zu kommunizieren ist ein einziges Satelitentelefon … und tatsächlich findet sich nach hartem Verhandeln ein ultra-verwegenes Abschleppunternehmen im 300km entfernten Manali   welches für ca. 70.000 INr (900,-€) tatsächlich diese 2o stündige riskante Abhohlfahrt wagten … und natürlich mit Sommerreifen.

Dem Sepp und allen Unterstützer sei Dank ...

Das Wichtigste und das Schönste sind die Freundschaften und  Verbundenheit welche aus solchen Projekten hervorgehen. Denn ohne die vielen wertvollen Tipps, freiwilligen Helfern und die kostenlose Nutzung von Werkstätten an vielen endlosen Abenden und Wochenenden wäre das alles niemals möglich. Besonderen Dank gebührt Josef Maier (Sepp) aus Esslingen, er ist nicht nur ein begnadeter Getriebespezialist, sondern auch Sponsor und toller Motivator in einem. Das gleiche gilt für Markus Wagner vom W126 Forum mit seinem erormen Fachwissen, Manuel Pfeifer vom MBGTC (Mercedes Benz Gebrauchtteile Center) für das Mercedes Benz Sponsoring und nicht zuletzt Horst Schmidt Antriebstechnik, mit seinen professionellen Rennsport-Sperrdifferenzialen. Ebenfalls ein riesen Danke für die sehr fairen und entgegenkommenden Preis-Nachlässe an die Rennsport-Abteilung des Fahrwerkherstellers KW AUTOMOTIVE in Fichtenberg, CARBAU Herold in Esslingen, Motorsport HERMANN in Notzingen, Motorenspezialist Andreas Chistophidis in Aichtal und ORC in Ostfildern für  ein professionelles Rallye-Fahrwerk, Karosseriearbeiten, Überollkäfig und TÜV-Eintragungen. Auch die Motorsport-Zubehör-Ausstatter wie SANDTLER, LMS und viele eBay Anbieter, haben mit Ihren großen und kleinen Unterstützungen geholfen - das Projekt in allen technischen Belangen bezahlbar zu machen.